Die 4. Fair &
Local Cooking Night am 28. November 2013: “Wurzel, Knolle und
Korn”
In der LandesBerufsSchule Emma Hellenstainer, Brixen
9 Gänge
Sterneküche für die gute Sache
Großer
Erfolg für die gerechte Sache: über 330 Gäste der Landesberufsschule E. Hellenstainer
waren wieder begeistert vom fairen Gourmet-Abend der bekanntesten Südtiroler
Hauben- und Sterne-Köche. Mit außergewöhnlichen Gerichten aus nah und fern, mit
fernen Zutaten aus gerechtem Handel und mit unbekannten Delikatessen aus
Südtirol. Eingeleitet von Kettmeir „Brut“ & „Rosé“-Sekt aus klassischer
Flaschengärung. Begleitet von den besten Premiumweinen der Stiftskellerei
Neustift und der Eisacktaler Kellerei.
Gute Köche mit Sternen und Hauben sind heute
berühmt und beliebt wie Popstars aus der Musikbranche, man schaut auf sie und
man will auch ein bisschen so sein wie sie. Jeder Haubenkoch hat eine große,
treue Stammkundschaft. Beim Projekt „fair cooking“ setzen sich die
renommiertesten Südtiroler Chefköche für die gute Sache ein: seht her, Leute,
es gibt Hunger und Durst auf der Welt und es gibt in den armen Regionen sehr
schlecht bezahlte Bauern und Zwischenhändler, die viel mehr verdienen. Wenn der
Stern- und der Haubenkoch Produkte aus fairem Welthandel für seine edlen
Gerichte verwendet, dann ist das ein Zeichen für seine ganze Fangemeinde, wie
ebenso für viele andere Köche, die neugierig werden auf so exotische
Ingredienzien wie: Quinoa, Mascobado-Zucker oder Amaranth. Und durch den fairen
Handel bekommt der Bauer vor Ort sein gerechtes Geld. Ohne Abzüge durch
Zwischenhändler.
Neben dem gerechten großen Warenkreislauf geht
es bei der „Fair & Local Cooking Night“ auch um die kurzen Wege zwischen
Bauer, Feld, Wiese, Wald – und Herd, denn die lokalen (manchmal vergessenen)
Produkte lassen sich durch Meisterhand sehr gut mit den exotischen
Ingredienzien verbinden. Die Sterneköche bewiesen das bei der 4. „Fair &
Local Cooking Night“ in Brixen mit aufregenden „liaisons“: von Kutteln mit
Ingwer, von Pusterer Erdäpfeln mit Kümmelkrokant, von Südtiroler Saibling mit
einer Gewürzmischung aus 1000undeiner-Nacht mit 30 Ingredienzien, von
Kalbswange mit Quinoa, von Wurzelgemüse-Allerlei, Erdmandeln, Mascobado-Zucker,
Mangogelee …
Das
kulinarische Thema in diesem Jahr hieß: Wurzel, Knolle & Korn – von Pustertaler
Kartoffeln bis zum Duft frischer Vinschgerlen, von wieder entdeckten Gelben
Rüben bis zu Schlutzkrapfen mit Roggenmehl, von Suppengemüse bis zur Brotsuppe.
Regional und weltoffen. Fair und kreativ. Auch ein bisschen stur und
eigensinnig. Im Sinne einer kritischen Verwurzelung, die regionale Eigenheiten
und Traditionen gegen eine mitunter wild gewordene Globalisierung verteidigt.
Damit der Fleckenteppich Europa auch weiterhin eine Einheit in der Vielfalt
bleibt.
Urban von
Klebelsberg, der Verwalter der Stiftskellerei Neustift und „fair
cooking“-Förderer der ersten Stunde, bezeichnete die „Fair & Local Cooking
Night“ als „eine der schönsten, perfekt organisierten und absolut nachhaltigen
Gourmet-Initiativen Südtirols“. Dem Organisationskomitee um E.
Hellenstainer-Direktorin Brigitte Gasser Da Rui, Rudi Dalvai und Meta-Event
(Michaela Kargruber und Claudia Pramstaller) war es wie im Vorjahr binnen
kürzester Zeit gelungen, über 330 Eintrittskarten für das außergewöhnliche
FairSchmecker-Menü zu 9 Gängen zu veräußern. Ausverkauft! Eine logistische
Meisterleistung. Die Nachfrage überstieg wieder deutlich die Kapazität in den
ohnehin weiträumigen Schauküchen, über hundert Gäste mussten leider auf die
nächste „Fair Cooking“-Ausgabe vertröstet werden.
Als einen der
großen Höhepunkte im Jahreszyklus der Hellenstainer-Schule charakterisierte
Direktorin Brigitte Gasser Da Rui die faire, lokale Kochnacht bei der Begrüßung
der Gäste: „Unsere Schüler fiebern seit langem diesem Ereignis voraus – wer
einmal den großen Sterneköchen, die man durch die Medien längst kennt, assistieren
darf, ist glücklich. Da vergisst man die Vorbereitungsstrapazen, denn endlich
kann man in der Praxis das erleben, was in der Theorie so oft durchgespielt
wird: das Kochen für ein großes und auch begeisterungsfähiges Publikum!“
Rudi Dalvai, „Fair
Trade“-Gründer und Weltpräsident, erinnerte an die Vorreiterrolle der
Südtiroler Sterne- und Haubenköche bei der Verbreitung fair gehandelter
Produkte aus nah und fern: „Es gibt hier immer einen absolut positiven
Nachahmungseffekt: wenn die besten Köche unseres Landes einen Teil ihrer
Produkte aus den Südtiroler Weltläden beziehen, dann drängt sich auch für alle
Freunde dieser Köche zwingend auf, dass die Weltläden nicht nur fair gehandelte
Produkte im Regal haben, sondern dass diese wunderbaren Zutaten – von den
Gewürzen bis zu den Hülsenfrüchten, von den Marmeladen bis zu den Säften – auch
wirklich extraordinär gut sind!“
Das
Menü
Fachlehrer und Kochbuch-Autor Helmut Bachmann hat mit seinen besten
Schülern nicht nur eine Kalbswange butterweich geschmort („auf schwarzer
Quinoacreme dazu allerlei Rohnen und wilden Fenchel“), er hat seinen berühmten
Kochkollegen auch das Menü für den fairen Abend in der Hellenstainer-Schule vorgeschlagen.
Luis
Agostini, Sohn des legendären Michelin-Sternkochs Louis und
Begründer des innovativen Bozner Koch- & Event-Studios „condito“, eröffnete
den Genuss-Abend mit einem sehr cremigen Petersilienwurzel-Süppchen, das
jahreszeitlich passend wunderbar verfeinert wurde mit Kürbis-Chips als
Suppeneinlage, sowie mit gebackenen Hirsebällchen.
Karl
Baumgartner, bekanntester Spross der
Baumgartner-Kochdynastie und Chef des Sterne-Restaurants „Schöneck“ zu Pfalzen,
begeisterte mit einem scharfen Kontrapunkt: „Sauté von Kutteln im Hummerfond
mit Gerste, Chili und Ingwer“. Wobei Ingwer eindeutig den exotisch feurigen
Akzent setzte. Wer immer behauptet hat, dass geniale Köche Angsthasen sind und
es nie wagen, entschlossen und manchmal sogar kompromisslos kräftig zu würzen,
wurde in dieser Schauküche eines Besseren belehrt: Karl Baumgartner kann!
Starke Geschmäcker brauchen starke Begleiter:
der Sylvaner „Aristos“ der Eisacktaler Kellerei vermag mit seiner
barocken Fruchtfülle ziemlich scharfe Spitzen bannen, ausgleichen,
ausbalancieren. Seit zwanzig Jahren begeistert
Kellermeister Thomas Dorfmann mit seiner gehobenen Qualitätslinie „Aristos“.
„Die Kunden mögen die typische, kernige Säure und das feingliedrige
Sortenbukett unserer Weißweine“. Sylvaner ist für den Eisacktaler Önologen der
typische Wein seines Tales – auch sein liebster Wein.
Die Wurzeln, Knollen und
anderen Gemüseraritäten für die „fair & local cooking night“ stammten
vom Aspingerhof von Harald Gasser
und Petra Ottavi in Barbian, wo rund 350 Gemüsesorten nach traditioneller,
naturnaher Art und Weise angebaut werden. Durch die Artenvielfalt hat sich ein
natürliches Gleichgewicht entwickelt, auf Chemie kann daher völlig verzichtet
werden. Es werden ausschließlich Gemüseraritäten angebaut, also Gemüsesorten,
die auf dem freien Markt nicht mehr oder nur mehr sehr schwer erhältlich sind.
Einen besonderen Stellenwert haben dabei Ursorten wie beispielsweise
Knollenziest (Crossney), Pastinake, Topinambur oder Erdmandeln.
Der frischgebackene Michelin-Stern-Träger Egon Heiss vom Genießer-Restaurant
„Alpes“ im Sarner Hotel Bad Schörgau präsentierte auf einem minutiös zerlegten,
wieder zusammen gesetzten und geschnittenen Ochsenschwanzcarpaccio eine
originelle Roulade aus Pusterer Erdäpfeln und Dinkel, sehr fein ergänzt mit
einem Kümmelkrokant. Mit großem Gespür für kleine Details gelingt es Heiss wie
nur wenigen immer wieder, regionale Traditionen im neuen Gewand wieder zu
beleben.
Als „Fair Cooking“-Fan und Förderer der ersten
Stunde steuerte der Verwalter der Stiftskellerei
Neustift, Urban von Klebelsberg, die Keller-Schätze aus der famosen
„Praepositus“-Weinlinie bei – besonders der fruchtige, Gerbstoff-reiche Rosenmuskateller und der Lagrein als einheimischer
Parade-Rotwein begeistern als ideale Begleiter zu den raffiniert gewürzten
Knolle-Wurzel-Korn-Gerichten. Seitdem der energiegeladene Stiftsverwalter Urban
von Klebelsberg den ruhigen, zähen Kellermeister Celestino Lucin nach Neustift
gebracht hat, gehört die Stiftskellerei zu den Südtiroler Parade-Kellereien.
Der „Gambero Rosso“ kürte im Jahre 2009 Lucin zum besten Önologen Italiens.
Was sind denn und was macht man, bitteschön,
mit Erdmandeln? – Die braunen, runden, erbsengroßen, stark ölhaltigen Knollen
(es sind die Verdickungen der so genannten Stolonen, der
Pflanzenausläufer) sind essbar und werden in Südeuropa und Westafrika
gehandelt. Die Knollen sind in Frankreich als Amandes de terre bekannt, in Spanien
als Chufa. Der Geschmack der Knollen erinnert an Haselnüsse
oder Mandeln.
Ein Thema, das ideal auf den Philosophen unter den
Südtiroler Kochstars zugeschnitten ist, auf Armin Mairhofer („hannah & elia“. Fine cooking. Great events) –
er zeigte, dass man Erdmandeln wunderbar auch als Protagonist für eine crème
brûlée verwenden kann: geschmacklich abgestimmt mit einer hauchdünnen,
karamellisierten Mascobadozucker-Schicht sowie einem Klacks von marinierten
Preiselbeeren.
Zurück zur Natur, zurück zum Regionalismus! Das ESF-Projekt „Regiokorn“ hat zum Ziel, für den
Bereich „Regionales Getreide“ in Südtirol ein tragfähiges Netzwerk zwischen
landwirtschaftlichen (Getreideanbauer) und verarbeitenden Betrieben (Mühlen,
Bäckereien) aufzubauen. Die 40 am Projekt "Regiokorn"
beteiligten Landwirte haben bereits im ersten Anbaujahr
auf einer Fläche von 71 ha Roggen und Dinkel angebaut.
Mit Unterstützung der Pustertaler Saatbaugenossenschaft und des Südtiroler
Maschinenrings konnten sie 268 Tonnen "Regiokorn"-Roggen und 40 Tonnen
"Regiokorn"-Dinkel ernten. Dieses Getreide wird von
der Meraner Mühle gemahlen und von 44 Bäckereien zu
Südtiroler Brotspezialitäten verarbeitet.Damit soll letztendlich die regionale
Wertschöpfung in Südtirol gesteigert werden. Regiokorn war auch engagierter Partner und großzügiger Unterstützer
der „4. Fair & Local Cooking Night“ – eine gelungene Partnerschaft, die
hoffentlich auch in Zukunft so exzellente Synergien fruchten wird!
Der Sterzinger Sternekoch Burkhard Bacher, Chef der „Kleinen Flamme“ in der Fuggerstadt und der
wohl virtuoseste Kenner und Vermittler asiatischer Herdkünste hierzulande, hat
für seinen „Saibling Tataki“ sage und schreibe 30 Gewürze in zweitägiger
Kleinarbeit aufeinander abgestimmt für seine abenteuerliche Geschmacksreise
beim „Fair Cooking“-Abend. Creme von der Kastanie, Ingwer, Sellerie und
krokanter Reis – ein Gustostückerl nach dem anderen! Dazu ein nach weißen
Pfirsichen duftender, sehr filigraner Riesling
„Aristos“ der Eisacktaler Kellerei
– die markante, typische Eisacktaler Säure verleiht diesem feinen Weißwein ein
langes, würziges Finale.
Neu im fairen Kochbunde aufgenommen wurde der zweite Sarner
Meisterkoch: Gottfried Messner vom Restaurant „Braunwirt“, Sarnthein. Er
bereitete für seine goldgelben, sehr ansehnlichen Teigtaschen eine raffinierte
Füllung aus Aspingerhof-Wurzelgemüse und Frischkäse zu. Dazu Rote Beete, Kümmel
und Krenschaum. Wie alle anderen Fair-Cooking-Partnerrestaurants wurde auch
Gottfried Messner kongenial ergänzt in der Hellenstainer-Schauküche von
Fachlehrern und wissbegierigen Schülern.
Das zweite Fischgericht an diesem Abend – „einheimisches
Zanderfilet mit Kurkuma-Butter-Espuma“ – zauberte der Sternekoch Peter Girtler, Chef des Restaurants
„Einhorn“ im Hotel „Stafler“ zu Mauls, aus der Haube. Als Beilage: Knollenziest
und eingelegter Biokürbis, natürlich vom Aspingerhof. Ein alpin-asiatisches
Meisterstück Girtlers, relativ einfach in der Zubereitung, eine Kombination aus
alpiner Bodenhaftung (Butter!) und hochwürziger asiatischer Note (Kurkuma!),
gepaart mit mediterraner Leichtigkeit (der Fisch!).
Der Hellenstainer-Fachlehrer und Star-Patissier Hubert Oberhollenzer, ein Perfektionist
vom ersten bis zum letzten ausgegebenen Teller, kreierte gemeinsam mit einem
Dutzend (!) Schülern ein traumhaft gutes Dessert: „Würzige Schnitte vom
Regiokorn kombiniert mit Mangogelee, Pannacotta und Schokolade“. Der
herausragende Weinbegleiter für diese ausgewogen sauer-süß-deftige Nachspeise
konnte nur ein Rosenmuskateller sein
– aber ein großer Rosenmuskateller,
ein „Praepositus“ der Stiftskellerei Neustift: mit seinem
intensiven Rosenblätteraroma, mit seinem Geschmack nach Orangenzesten und den
saftigen Gerbstoffen konnte dieser Rosenmuskateller sogar die mächtige
Schokolade gut ausbalancieren. Als essbare Metapher präsentierte Hubert Oberhollenzer seine riesige, aus
insgesant 35 Kilogramm weißer und schwarzer Schokolade gefertigte Weltkugel:
„Wir haben die große Weltkugel bewusst perfekt abgerundet, als ein Zeichen
dafür, dass diese eine, noch sehr ungerechte Welt endlich irgendwann einmal
vollkommen gleich sein sollte!“
Last but not least ein 1000faches Dankeschön an den
Fachlehrer Waldemar Posch, der nicht
nur an der Theke („Play it again, Sam!“) Kaffee, Brandys, Rum, Abbagnacs und
vieles mehr seinen staunenden Gästen von früh bis spät anbot – nein, Waldemar Posch hatte mit seiner
wunderbaren, gut aufgelegten Servier-Mannschaft den schwierigsten Part der
„Fair & Local Cooking Night“ 2013: sie alle mussten mit Weiß-, Rot-,
Dessertweinen en masse durch die stetig vorwärts drängende Fair-Cooking-Gästeschar
schreiten. Eine Herkulesaufgabe! Vielen Dank für eure Geduld und für euren
Einsatz!
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